Unter der Leitung von Dr. Andreas Pastoors und Prof. Dr. Gerd-Christian Weniger des Neanderthal Museums und Dr. Martin Kehl der Universität zu Köln lernten Studenten in diesem Wintersemester im Zuge des Kurses Höhlenarchäologie, wie Höhlen entstehen, wie sie untersucht und ausgewertet werden und zu welchen Zeiten und aus welchen Gründen die Höhlen von Mensch und Tier aufgesucht wurden. Der Kurs wurde am 17.01.2014 durch eine Exkursion in das Hönnetal des schönen Sauerlandes abgeschlossen.
Die Dechenhöhle bildete den Startpunkt, zuvor leitete Geschäftsführer Dr. Stefan Niggemann die Teilnehmer jedoch durch das Deutsche Höhlenmuseum Iserlohn, wo anschaulich verschiedene Stationen der Entstehung von Höhlen abgelaufen oder Eindrücke von den Bewohnern jener fremdartigen Welten unter der Erde gesammelt werden können.
Die anschließende Tropfsteinhöhle ist Teil eines etwa 20km langen Höhlensystems und wurde im Jahre 1868 entdeckt. Den Besucher erwarten hier einzigartige Tropfsteingebilde und, dank offen sichtbarer Stratigraphie, Einblicke in die Arbeit eines Geologen. Besonders beeindruckend war der Moment, in dem das Licht in der Höhle ausgeschaltet und der Raum nur durch den Schein eines Feuerzeuges erhellt wurde. Schwer vorstellbar, wie unter solchen Bedingungen Menschen anderswo regelrechte Kunstwerke schufen.
Im städtischen Museum für Stadt- und Kulturgeschichte Menden warteten zahlreichen Originalfunden aus den Höhlen der Umgebung. Museumsleiterin Jutta Törnig-Struck stand den Studenten und Dozenten hierbei für Fragen zur Verfügung und überraschte mit tiefen Einblicken in die Archive des Museums.
Nach einer stärkenden Mittagspause durfte dann endlich Höhlenluft geatmet werden. Für anstehende Fragen und um nicht verloren zu gehen, begleitete uns Dr. Michael Bales auf unserer Wanderung durch das Hönnetal. Unser erster Halt: Die Feldhofhöhle.
Mit etwa 100 Metern Länge ist sie die längste aller besiedelten Höhlen des Hönnetals. In ihr lebten vor etwa 100.000 bis 40.000 Jahren Neandertaler, wie dutzende typische Steinartefakte beweisen. Auch der anatomisch moderne Mensch, Homo sapiens, hielt sich in der Höhle auf, hinterließ jedoch nur wenig, etwa eine rund 15.000 Jahre alte Speerspitze aus Geweih. Viele Funde wurden jedoch durch die Benutzung der Höhlenverfüllung als Dünger oder das Lagern von Munition innerhalb der Höhle zerstört.
Bei den Karhofhöhlen, die gutes Schuhwerk erforderten, lagen sie doch abseits der Wege in erhöhten Positionen, legten wir einen Zwischenstopp ein. Eine rezente Lagerfeuerstelle bei der nahegelegenen Burschenhöhle zeigte den Studentinnen und Studenten auf, dass die Faszination, die Höhlen auf den Menschen ausüben, zeitlos ist.
Unser letzter Stopp war die Balver Höhle, größte offene Kulturhöhle Europas. Vor allem durch darin stattfindende Veranstaltungen bekannt, etwa Konzerte der Musikgruppe Die Fantastischen Vier, belegen abseits der Festlichkeiten Funde wie Tierknochen oder Keramikgefäße eine Nutzung des Menschen zu nahezu allen Zeiten.
Trotz betonierten Flächen war der Blick dabei oft auf den Boden gerichtet, immer auf der Suche nach den letzten Resten Sediment, die sich für neue Grabungen eignen könnten. Denn eines blieb am Ende des Tages festzuhalten: Die gesamte Region mit ihren zahlreichen Höhlen dürfte ein idealer Standort für steinzeitliche Jäger und Sammler gewesen sein. Sollte die Region wieder in den Fokus archäologischen Schaffens geraten, was sehr wünschenswert wäre, könnten uns in den kommenden Jahren interessante Ergebnisse erwarten, die die Geschichte dieser vor unserer Haustür liegenden Region grundlegend verändern dürfte.
Viele Grüße aus dem Neanderthal Museum
Thorben Tenbruck