Seit längerem interessiere ich mich für Formate des Wissenstransfer, die auf die aktive Einbindung unserer Besucher und Besucherinnen zielt. Citizen Science, zu Deutsch Bürgerwissenschaft, bezeichnet eine Form der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen und der breiten Öffentlichkeit, bei der Bürger aktiv an wissenschaftlichen Forschungsprojekten teilnehmen. In Citizen Science Projekten fungieren Menschen ohne formale wissenschaftliche Ausbildung als freiwillige Helfer und unterstützen Forschende bei der Datensammlung, -analyse und anderen Aspekten des Forschungsprozesses. Dieser partizipative Ansatz erweitert den Kreis derjenigen, die an der Generierung wissenschaftlichen Wissens beteiligt sind, und fördert die Zusammenarbeit zwischen Experten und Laien. Hört sich gut an, aber funktioniert dies auch im Archäologischen Kontext?
Mit dieser Fragestellung im Gepäck ging es Anfang Juni mit Erasmus+ nach Kopenhagen. Ich wollte mir dort unter anderem Citizen Science Projekte vor Ort anzuschauen. Besonders interessierte mich das Next Generation Lab, ein Labor, in dem Schülerinnen und Schüler der Oberstufe Proteine aus archäologischen Originalmaterial analysieren und somit zu dem Wissen über das Leben in mittelalterlichen Städten beitragen. Die Ergebnisse werden von den Forschern der Universität verwendet und in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht. Schüler und Schülerinnen mit archäologischem Originalmaterial? Unvorstellbar, oder?
Anders P. Tøttrup , Biologe und Leiter der Abteilung für Citizen Science am Naturhistorischen Museum Kopenhagen (und seit September 2023 Professor für Citizen Science) empfing mich am ersten Tag, stellte mich seinem Team vor und ließ mich an den Überlegungen und Planungen, die einem Cititzen Science Projekt vorausgehen, teilhaben. Marie R. Lillemark, Sarah Hagel Svendsen und Frederik Leerhøi zeigten mir im Anschluss die unterschiedlichen Citizen Science Projekt-Labore – auch das Next Generation Lab. Sie erklärten mir, dass die Schülerinnen und Schüler einen Tag in dem Labor verbringen würden. Sie würden auf das „archäologische Orginalmaterial“ vorbereitet, lernten die technischen Verfahren und würden dann auch so sauber und genau arbeiten, wie es die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler es sich wünschen würden.
Maria Rytter zeigte mir Möglichkeiten auf, wie ich eine solches Projekt im Neanderthal Museum etablieren könnte.
Am Nachmittag ging es zum gemeinschaftlichen Beachvolleyball. 🙂
Die folgenden Tage traf ich mich mit Anne Katrine Gjerloff (Leiterin der Abteilung Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit) und Karsten Olgaard Madsen (siehe Titelbild), ebenfalls am Naturhistorischen Museum. Sie hatten für mich ein wundervolles Programm ausgearbeitet. Ich konnte eine Führung durch die Ausstellung begleiten, erhielt Einblick in den derzeit laufenden Neubau des Museums, nahm an den Vorbereitungen eines Themenraums mit Wissenschaftlerin, Ausstellungsmanagerin, Pädagoge, Konservatorin und Techniker teil und traf eine weitere Erasmus+ Reisende aus (Slowenien), so dass wir uns über drei Länder und drei sehr unterschiedliche Museen austauschten und von den Erfahrungen des jeweils anderen profitierten.
Zum Abschluss meiner Erasmus-Woche besuchte ich das Nationalmuseum und gewann dort erste Eindrücke über Grönlands Geschichte und damit zur Vorbereitung der aktuellen Sonderausstellung, die wir letzten Freitag eröffnet haben.
Beate Schneider (Leitung Bildung & Vermittlung am Neanderthal Museum)