Seitdem der Neanderthaler das letzte Mal unseren europäischen Kontinent durchstreifte, sind etliche Jahrtausende verstrichen. In dieser Zeit hat sich die Technologie kontinuierlich weiterentwickelt und gediehen. Heutzutage sind Smartphones und Computer aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken, und künstliche Intelligenz (KI) ist für viele von uns ein fester Bestandteil unseres Arbeits- und Privatlebens.
Zum diesjährigen Tag der Forschung im Neanderthal Museum wollten wir etwas wirklich Einzigartiges bieten. Wir stellten uns die Frage, wie sich die Museumsbesucher wohl einen Neanderthaler vorstellen, und aufgrund dieser Überlegungen kam uns die Idee, den Besuchern die Möglichkeit zu geben, ihren eigenen Neanderthaler zu erschaffen.
Mithilfe eines kostenlosen KI-Tools konnten die Besucher Bilder generieren. Basierend auf den Beschreibungen der Besucher erstellte die KI ein Abbild eines Neanderthalers. Die Ergebnisse waren schlichtweg überwältigend! Neanderthaler mit unterschiedlichen Haut- und Haarfarben, gekleidet in Fell, Leder oder sogar in Fußballtrikots – es schien fast keine Grenzen zu geben.
Was für die Besucher als nette Spielerei begann, eröffnete uns einen tiefen Einblick in die Vorstellungen der Menschen. Bisher sahen die meisten Darstellungen von Neanderthalern, die wir finden konnten, oder die bei einer Google-Suche auftauchten, meist aus wie kräftige Jäger mit Speeren.
Doch die Gesellschaft der Neanderthaler bestand aus weitaus mehr als nur Männern. Frauen, Kinder, Alte und Verletzte sind auf Abbildungen nur selten zu finden. Aus diesem Grund interessierte uns besonders, wie sich die Besucher einen Neanderthaler vorstellen. Und das Fazit war eindeutig: Auch Kinder, Frauen, Alte und kranke Neanderthaler haben in den Vorstellungen der Menschen ihren Platz.
In den meisten Fällen orientierte sich das Geschlecht des Neanderthalers an dem der befragten Person. Kinder beschrieben Neanderthaler oft in Anlehnung an sich selbst.
Was außerdem deutlich aus den Darstellungen der Besucher hervorgeht, ist die Tatsache, dass der Neanderthaler zunehmend menschliche Züge annimmt. Die Besucher beschrieben ihre Neanderthaler als hübsch, lächelnd, spielend mit Kindern oder am Feuer kochend. Sie beschrieben zwischenmenschliche Interaktionen in der Gruppe, die sie genauso handhaben würden. Es scheint, als würde das antiquierte Bild des grobschlächtigen Höhlenbewohners allmählich abgelöst werden.
Autor: Dustin Welper (Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Neanderthal Museum)