Im Rahmen einer von der DFG geförderten Anbahnungsreise zum „Aufbau internationaler Kooperationen“ besuchten wir vom 17. bis 26. Oktober 2014 den Nationalpark „Serra da Capivara“ in Piauí, Brasilien. Wir, das sind der Archäologe Dr. Jörg Linstädter, der Zoologe Dr. Rainer Hutterer (Museum König, Bonn) und ich.
Nach einem Langstreckenflug von Frankfurt nach Fortaleza ging es noch am selben Tag mit einem Inlandsflug weiter nach Juazeiro do Norte, wo wir von Uwe Weibrecht, dem Vorstandsmitglied von ProBrasil, abgeholt wurden. Am folgenden Tag ging die Reise über Landstraßen weiter in das Landesinnere des Bundesstat Piauí im Nordosten Brasiliens. Ziel war der UNESCO-Weltkulturerbe Nationalpark „Serra da Capivara“. In dessen Nähe befand sich unsere Unterkunft, die „Albergue da Serra de Capivara“. Diese bot einen herrlichen Blick auf den Park und leckeres Essen.
Unsere Reise diente dem Kennenlernen von potentiellen Kooperationspartnern und sollte für den Aufbau eines neuen Projektes über die frühe Nahrungsmittelproduktion in diesem Teil Südamerikas genutzt werden. Bereits am Morgen nach unserer Ankunft erkundeten wir den Nationalpark. Die Serra de Capivara ist in der Fachwelt berühmt für ihre Felsbilder, die in das frühe Holozän datiert werden. Einige Fundstellen, darunter Boqueirão da Pedra Furada, geben möglicherweise sogar Hinweise auf die frühe Besiedlung Amerikas im Pleistozän, auch wenn ihr genauer Beitrag kontrovers diskutiert wird. Im Rahmen unserer Reise interessierten uns diese Fundstellen unter dem Aspekt der Neolithisierung, also desjenigen Prozesses, der den Menschen von Jäger- und Sammler hin zur Sesshaftigkeit und strukturierten Gesellschaften geführt hat. Vor allem wollten wir nach Hinweisen auf frühe Kulturpflanzen in Form von Samen, Früchten oder Blätter Ausschau halten.
Der Park ist riesig. Mit Uwe Weibrecht als Führer an unserer Seite erkletterten wir hohe Felswände und wanderten bei hohen Temperaturen kilometerweit durch den Busch. Betlohnt wurden wir schließlich mit den beeindruckenden Felsmalereien, welche die Serra de Capivara bis weit über die Grenzen Brasiliens berühmt gemacht haben. Sie handeln vom Alltag oder den Träumen der damaligen Menschen und zeigen Jagdszenen, Männer und Frauen, Tiere, aber auch geometrische Muster. Heute sind die Felsbilder und die Wege dorthin für Touristen gut erschlossen.
Auf unseren Touren wurden wir von der Archäologin Gisele Felice begleitet. Sie ist Professorin am Archäologischen Institut in Piauí. Durch die Biologin und Spinnenexpertin Rute Maria Gonçalves-de-Andrade lernten wir viel über die einheimische Tierwelt und sahen Affen, Jaguare, giftige Spinnen und vor allem die zahlreichen Mocós, kleine Nagetiere, die in den Felsnischen leben. Wir lernten auch die bekannte Archäologin und heutige Leiterin des Nationalparks Níede Guidon kennen.
Die Tage im Nationalpark waren beeindruckend. Neben den vielen archäologischen Sehenswürdigkeiten und der großen Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten des Parks gab man uns auch die Gelegenheit, die unglaubliche Menge an Funden zu studieren, welche unsere brasilianischen Kollegen in den vergangenen Jahren dokumentiert haben: Faunenreste, darunter pleistozäne Großsäuger, Steinartefakte, Keramik und tatsächlich auch Samen und Blätter.
Den größten Eindruck aber machten auf mich die vielen freundlichen Menschen und das hervorragend organisierte Team von Wissenschaftlern, die wir in den Tagen in der Serra de Capivara kennen und schätzen lernten. Wir hoffen auf ein baldiges Wiedersehen mit den brasilianischen Kollegen. Die Woche verging wie im Flug und wir sind gespannt wie die Reise weitergeht!
Viele Grüße
Sarah Stinnesbeck
Studentische Hilfskraft im SFB 806