Hallo, mein Name ist Laura. Ich studiere Archäologie an der Julius – Maximilians – Universität in Würzburg und absolviere mein vierwöchiges Praktikum hier im Neanderthal Museum. Das vergangene Wochenende stand mit dem „Evolution Festival“ und dem „Tag der Forschung“ ganz unter dem Motto „Forschung zum Anfassen“, und ich hatte das Glück, am Sonntag am „Tag der Forschung“ mit dabei zu sein. Verschiedene Forschende des Neanderthal Museums und der Universität zu Köln kamen an diesem Tag zusammen, um ihre Projekte den Besucherinnen und Besuchern vorzustellen. Neben spannenden Themen haben die Forschenden getreu dem Motto unterschiedliche Dinge zum Anfassen und Ausprobieren mitgebracht. Dank der verschiedenen Disziplinen war für jeden Gast etwas dabei. Perfekt, oder nicht?
Kurz nach Eröffnung war das Museum reichlich gefüllt und die Forschenden wurden mit Fragen gelöchert. Es wurde fleißig probiert und geforscht. Auch ich hatte die Möglichkeit, verschiedene Forschende kennenzulernen, mich mit ihnen auszutauschen und über ihre Projekte zu sprechen.
Zum Start hieß es für mich direkt „Forschung zum Anfassen“, denn ich hatte die Chance, mir meinen eigenen Neanderthaler mithilfe einer KI zu erstellen! Gemeinsam mit Dustin Welper vom Projekt „Neanderthals and Us“ formulierte ich eine Beschreibung meines Wunsch-Bildes. Hmmm… eine Neanderthalerin mit langen braunen Haaren. Sie hat braune Augen, eine Überaugenwulst und ein schmales Kinn. Gebe ich ihr ein Fellkleid, oder vielleicht eine Latzhose? Soll sie in einer Höhle oder vielleicht doch in einem Café sitzen? Am Ende wurde es bei mir dann doch eher ‚klassisch‘ im Fellkleid und in einer Höhle. Nicht immer ganz der Realität entsprechend, wurden von den Gästen ganz viele verschiedene Neanderthaler gezaubert. Aber auch die Forschenden nahmen es mit der Realität nicht immer ganz so ernst und ließen ihrer Fantasie freien Lauf.
Wann hat man die Gelegenheit, Pflanzensamen ganz genau unter die Lupe zu nehmen? Richtig, eher selten! Und dann stellt sich auch die Frage, wozu? Am Sonntag konnte ich mithilfe eines Mikroskops genau das tun, denn die unscheinbar wirkenden kleinen Samen können einem ganz viel erzählen! Was haben die Menschen von damals angebaut und gegessen? Wurde aus dem Angebauten vielleicht noch mehr hergestellt, zum Beispiel Kleidung? Viele Fragen für ein paar Samenkörner, aber für die Kolleginnen der Archäobotanik an der Universität zu Köln nicht unmöglich zu beantworten. Auch die Archäozoologie, die Ur- und Frühgeschichte und Studierende mit ihren Abschlussarbeiten waren sonntags am Start und tauschten sich mit den Besuchenden über ihre aktuelle Forschung aus.
Mit einem Schnappschuss wissen, wo man sich in der Humanevolution einordnen kann? Auch das war am Tag der Forschung, mit einem gewissen Augenzwinkern, möglich. Einfach ein schnelles Foto von hinten machen, das dann durch ein Programm im Computer läuft – und nur ein paar Minuten später fand ich mich in einer Art Tabelle zwischen Gästen, Forschenden und natürlich den berühmten Urmenschen-Figuren, wie der von Lucy und der Neanderthalerin aus Gibraltar, wieder. So konnten alle mittels einer eigenen Nummer sehen, wo sie sich anhand ihrer körperlichen Merkmale einordnen könnten. Beeindruckend, oder? Was hier sehr einfach klingt, ist nur dank einer sehr aufwendigen Software möglich, die von Robin John (Helga-Raddatz-Stipendium) und seinen Kollegen selbst entwickelt wurde. Mit dieser Software untersucht Robin John im Zuge seiner Promotion die Entwicklung steinzeitlicher Projektilspitzen, also z.B. Pfeilspitzen aus Stein. Selbst ist der Archäologe, oder?
Tags zuvor gab es beim Evolution Festival noch viele weitere spannende Stationen: zum Beispiel das Knochen–Lab, wo kleine und große Gäste selbst zu Forschenden wurden. Wie unterscheiden wir uns vom Affen? Wie sieht eigentlich unser Schädel im Vergleich zu einem Neanderthaler oder eines Affen aus? Ein Skelett selbst zusammensetzten oder auch das Alter nur anhand eines Knochens berechnen? All diese Fragen sowie vieles mehr konnten erforscht werden und war es doch etwas kniffliger, waren die Experten des Museums sofort zur Stelle.
Sowohl das Evolution Festival als auch der Tag der Forschung bieten uns allen eine der seltenen Gelegenheiten, einen direkten Austausch mit Forschenden zu haben und einen Einblick in ihre Projekte, aber auch ihren Alltag zu bekommen. Ich konnte für mich viele neue Eindrücke und Wissen sammeln sowie ganz liebe Forschende kennenlernen, die einem freundlich Rede und Antwort standen. Der Tag war für mich ein persönliches Highlight und ich kann jedem ans Herz legen diese Gelegenheit zu nutzen, wenn es wieder heißt: „Es gibt Forschung zum Anfassen im Neanderthal Museum!“