„Homo ludens“ – der „spielende Mensch“ – beschreibt etwas, das uns alle verbindet: Die Freude, die wir beim Spielen empfinden, und die Fähigkeit, durch Spiel zu lernen. Als ich zum ersten Mal über dieses Konzept stolperte, wurde mir klar, wie wichtig es ist, das spielerische Lernen zu fördern, besonders wenn es um so zentrale Themen wie Nachhaltigkeit geht. Genau das durfte ich letzten Sommer beim Erasmus+ Kurs „Teaching Sustainability through Game-Based Learning and Gamification“ in Wien erleben.
Ein spannendes Experiment in Wien
Es war ein kleines, aber feines internationales Treffen – Lehrkräfte aus verschiedenen europäischen Ländern, die alle ein Ziel hatten: zu lernen, wie man das Thema Nachhaltigkeit mit Spielen vermitteln kann. Ich war anfangs etwas skeptisch: Wie würde ich als Museumsmitarbeiterin zwischen all diesen Lehrer*innen klarkommen? Und lassen sich die schulischen Konzepte überhaupt auf die Museumsarbeit übertragen? Glücklicherweise wurde ich sofort herzlich in die Runde aufgenommen, und wir alle tauchten gemeinsam in die Welt des spielerischen Lernens ein. Was soll ich sagen? Wir sind alle Homo ludens!

Nachhaltigkeit in Bildung und Museen
Nachhaltigkeit ist ein Thema, das uns alle betrifft – und es ist auch ein Thema, das zunehmend in Bildungseinrichtungen und Museen an Bedeutung gewinnt. Als Orte des Wissens und der Begegnung sind Museen nicht nur die Bewahrer unseres kulturellen Erbes, sondern auch Orte, an denen wir ein besseres Verständnis für unsere natürliche Welt entwickeln können. Ich habe im Kurs gelernt, wie wichtig es ist, Nachhaltigkeit nicht nur theoretisch zu vermitteln, sondern erlebbar zu machen – durch interaktive und spielerische Elemente. Nur so können wir das Thema wirklich in den Alltag unserer Besucher*innen integrieren.
Was ist spielbasiertes Lernen und Gamifikation?
Vielleicht fragst du dich jetzt, was es mit den Begriffen „spielbasiertes Lernen“ und „Gamifikation“ auf sich hat. Ganz einfach: Beim spielbasierten Lernen geht es darum, Wissen auf unterhaltsame und anschauliche Weise zu vermitteln – durch echte Spiele, bei denen alle Sinne beteiligt sind. Gamifikation hingegen bringt spieltypische Elemente wie Punkte, Belohnungen und Herausforderungen in Kontexten außerhalb von Spielen ein, um Motivation und Engagement zu steigern. Für mich war es spannend zu überlegen, wie diese beiden Ansätze dazu beitragen können, Museumsbesuche zu einer aktiven Erfahrung zu machen, bei der Lernen Spaß macht.
Spiele zur Vermittlung von Nachhaltigkeit
Im Kurs haben wir viele analoge wie auch digitale Spiele kennengelernt und auch ausprobiert, die Nachhaltigkeit auf spielerische Weise vermitteln. Besonders beeindruckt hat mich Global Goals at Stake. Dieses hybride Lernspiel verbindet ein klassisches Brettspiel mit einer Smartphone-App und fordert 2 bis 4 Teams heraus, sich mit den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen (SDGs / Sustainable Development Goals) auseinanderzusetzen. Jedes Team bekommt eine Auswahl an Zielen zugewiesen und muss dazu Fragen beantworten. Doch dabei bleibt es nicht – im Laufe des Spiels tauchen unerwartete Ereignisse und Dilemmata auf, die die Mission erschweren. Ganz wie im echten Leben: Man plant nachhaltige Maßnahmen, doch plötzlich ändert sich der politische Kurs oder eine Umweltkatastrophe wirft alles über den Haufen. Diese Mischung aus Wissenstest und realitätsnahen Herausforderungen hat fand ich gelungen, weil sie nicht nur Fakten vermittelt, sondern auch zum Nachdenken darüber anregt, wie komplex die Umsetzung der 17 Ziele tatsächlich ist.



Ein weiteres Highlight des Kurses war die digitale Schnitzeljagd im Botanischen Garten Wiens. Die Kursleitung hatte diesen Parcours mit Hilfe der App Actionbound entwickelt, und wir durften ihn selbst ausprobieren. Mit Actionbound haben wir kleine Videos gedreht, Quizfragen beantwortet und sogar Audioaufnahmen gemacht – all das in der wunderschönen Kulisse des Botanischen Gartens. Die digitale Schnitzeljagd war nicht nur eine unterhaltsame, sondern auch eine sehr lehrreiche Erfahrung. Sie hat mir gezeigt, wie effektiv digitale Tools sein können, um Wissen spielerisch zu vermitteln. Ich konnte mir sofort vorstellen, wie so eine digitale Schnitzeljagd oder ein interaktives Spiel auch im Neandertal funktionieren könnte. Was, wenn Besucher*innen durch den Wald und über die Fundstelle streifen, interaktive Aufgaben lösen und dabei Steinzeitwissen entdecken? Das wäre eine tolle Möglichkeit, den Besuch noch spannender und informativer zu gestalten.
Fazit
Die Erasmus+ Mobilität hat mir viele neue Ideen und Perspektiven eröffnet. Ich bin überzeugt, dass spielerisches Lernen und Gamifikation ein großartiger Ansatz ist, um Nachhaltigkeit im Museum erlebbar zu machen.
Wie Johan Huizinga in Homo Ludens schrieb: „Kultur entsteht nicht trotz des Spiels, sondern im und als Spiel.“ Diese Worte sind mir während des Kurses immer wieder in den Sinn gekommen – und sie zeigen mir, dass Museen als Orte des spielerischen Lernens einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeitsbildung leisten können.
Nicola Wagner