Am 1. Juli ist die zweite Phase des SFB 806 „Our Way to Europe“ gestartet. Nach der zweitägigen Begutachtung durch eine internationale Kommission Ende Januar in Köln, kam dann Ende Mai die gute Nachricht von der DFG, dass der Senat einer Verlängerung des SFBs um weitere vier Jahre zugestimmt hat (http://www.sfb806.uni-koeln.de/index.php?option=com_content&view=frontpage&Itemid=5). Die Kooperation der Universitäten Köln, Bonn und Aachen hat sich als Erfolgsgeschichte erwiesen. Damit geht es auch für das Neanderthal Museum weiter, denn von hier aus werden die Arbeiten im Cluster C „Western Mediterranean“ koordiniert.
Was haben wir gemeinsam im Cluster C in den vergangenen vier Jahren geschafft? Die Fundstellenkarte zeigt, wie weit gestreut unsere Aktivitäten waren. Wir haben auf der Iberischen Halbinsel und in Marokko alte Fundplätze neu datiert und ihre Stratigraphie mit hochauflösenden geowissenschaftlichen Methoden sehr detailliert unter die Lupe genommen. Wir haben neue Fundplätze entdeckt und erstmals archäologisch untersucht. Wir haben neue Geoarchive in der Nachbarschaft der Fundplätze erbohrt, um Daten zur Umweltgeschichte zu gewinnen.
Alle bisher gewonnenen Daten zeigen, dass die Besiedlungsgeschichte der Region zwischen 100.000 und 10.000 Jahren vor heute sehr bewegt war und häufig unterbrochen wurde. Populationen starben durch Umweltstress aus und wurden durch neue, einwandernde Gruppen ersetzt. Das von uns entwickelte „Kaskaden-Modell“ beschreibt diesen Vorgang erstmals detailliert für Jäger und Sammlergruppen. Nicht nur der Wechsel zwischen Neanderthalern und anatomisch modernen Menschen war davon betroffen, auch später ist es immer wieder zu Verschiebungen der Jäger-Sammler Populationen gekommen. Wir haben diese Ergebnisse im „Repeated Replacement Model“ zusammengefasst. Im westlichen Mittelmeergebiet waren es vor allem Phasen extremer Trockenheit, die zum Zusammenbruch der menschlichen Besiedlung geführt haben. Unsere Untersuchungen zeigen, dass gerade der Süden der Iberischen Halbinsel und Marokko Risikolebensräume für Jäger und Sammler waren. Daher ergeben unsere Analysen auch, dass ein längeres Überleben der Neanderthaler in Südspanien eher unwahrscheinlich ist.
Dadurch hat es über die Straße von Gibraltar hinweg wahrscheinlich immer nur einen geringen Austausch gegeben, der in dem uns vorliegenden archäologischen Fundgut des Eiszeitalters kaum Spuren hinterlassen hat. Wir haben sehr viele neuen Daten gewonnen und daraus innovative Erklärungsmodelle entwickelt. Zahlreiche BA- und MA-Arbeiten und vier Dissertationen sind dabei auch zum Abschluss gebracht worden. Wir freuen uns auf die nächsten vier Jahre und auf die exzellente Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern in Spanien, Portugal und Marokko.
Mit den besten Grüßen aus dem Neandertal
Gerd-Christian Weniger