SCHULTERBLICK FORSCHUNG – Von Eiszeitlichen Jägern, dem Jakobsweg und dem Ende der Dinosaurier

von Neanderthal Museum

Mittlerweile arbeite ich schon seit drei Wochen in Bilbao/Baskenland und damit nähert sich mein Forschungsaufenthalt in dieser Stadt seinem Ende. Mein Name ist Marcel Bradtmöller und ich bin Doktorand des Sonderforschungsbereichs 806 der Universität zu Köln und des Neanderthal Museums. Der Zweck meines Aufenthaltes ist die Datenerfassung im Rahmen meiner Doktorarbeit zur kulturellen Entwicklung im frühen Jungpaläolithikum der kantabrischen Küste.  Datenerfassung beinhaltet in meinem Fall ausschließlich die Arbeit mit Steinartefakten und in Bilbao die Arbeit mit dem Inventar des Fundplatzes Bolinkoba. Hierbei handelt es sich um einen Höhlenfundplatz, der schon Anfang der 40er Jahre von José Miguel de Barandiarán ausgegraben wurde. Dieses bedeutet eine nicht unerhebliche Einschränkung an Grabungsinformationen, die aus dieser Zeit zu Verfügung stehen. Dennoch lohnt sich eine nähere Betrachtung des Iventars. Dieser kann Aufschluss über Rohmaterialnutzung, technologische Adaption, Nutzungsmuster innerhalb des Fundplatzes und noch weitere interessante Details geben.

Dabei verläuft ein normaler Arbeitstag im „Sala de Investigadores“ sehr viel ruhiger und unspektakulärer ab, als man vielleicht denken mag. Das Museum hat von 09.00- 19.00 Uhr (Samstag 09.00-14.00) für Forscher geöffnet und ich versuche diesen Zeitraum auch möglichst komplett zu nutzen (lange Mittagspausen wie in Südspanien gibt es hier vor Ort nicht). Dabei stellt das erste Highlight nach dem Frühstück mein Arbeitsweg zum Museum da, auf dem ich eine Zeit lang der Hauptstrecke des Jakobsweges folge (s.Bild). Die Datenerfassung geschieht mit einer online-basierten Access-Datenbank, einer Waage, der elektronischen Schieblehre und einer digitalen Spiegelreflexkamera. Dabei lässt sich dass verwendete Rohmaterial relativ einfach den drei großen Ursprungsorten zuweisen. Zwei dieser Varietäten stammen aus dem Inland, der Flysch Silex kommt jedoch von der Küste (was man, unter Anderm, an den durch das Meer und dem Sand verrundete Oberfläche erkennt.(s.Bild)).

Letzte Woche Sonntag hatte ich dann auch die Gelegenheit, einen Platz in unmittelbarer Nähe dieser Rohmaterialquelle zu besuchen. Es handelte sich dabei um den Strand von Sopelana, nördlich von Bilbao. Dieser ist nicht nur für den Feuerstein bekannt, sondern vor allem für sein vertikal verkippte Stratigraphie (s.Foto). Diese ist nicht nur imposant, sondern auch wissenschaftlich interessant, da in Spanien nur hier die Kreide-Tertiär-Grenze zu fassen ist, zu deren Zeit es zum Aussterben der Dinosaurier kam.

Schon die Woche davor hatte ich die Möglichkeit, die Ausgrabung des Fundplatzes Irikaitz in Zestoa unter der Leitung von Alvaro Arrizabalaga zu besuchen. Dieser Fundplatz ist sehr spannend, da hier Steinartefakte aus dem Altpaläolithikum (ca. 250.000 Jahre) gefunden werden. Richtig ungewöhnlich ist jedoch die Tatsache, dass es sich um eine Freilandfundstelle handelt. In einer Region, in der 99% der archäologisch bakannten Stratigraphien in Höhlen liegen, eine echte Rarität (die bis vor 15 Jahren noch vollkommen unbekannt war)! Wer sich weiter zu diesem Fundplatz informieren möchte: es gibt einige Links zum diesem und anderen Punkten des Blogs am Ende des Beitrages.

Nur wenige Minuten Fußweg entfernt liegt die Höhle Ekain, von dessen Pferdedarstellung der brühmte Höhlenforscher André Leroi-Gourham meinte, dass sie „die perfekteste Pferdegruppe der gesamten Kunst der Quaternärzeit“ darstellt. Dieses Highlight konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Die Höhle selber ist nicht mehr zugänglich, aber direkt neben der Fundstelle wurde ein modernes Museum gebaut, dessen Rekonstruktion einen sehr guten Eindruck vom Höhleninneren vermittel. Definitv ein Ausflugstipp, falls Sie mal in der Gegend weilen sollten!

Somit stehen auch die Wochenenden (wie sollte es anders sein), im Zeichen der Wissenschaft.

Morgen breche ich dann meine Zelte ab, um in San Sebastian einen weiteren Fundplatz des Jungpaläolithikums zu untersuchen. Nähreres dazu dann in den nächten Tage

Hasta luego!

Marcel Bradtmöller, Doktorand

——-

Zum Sonderforschungsbereich:

http://www.sfb806.uni-koeln.de/index.php?option=com_content&view=frontpage&Itemid=5

Zum Museum:

http://www.bizkaia.net/home2/Temas/DetalleTema.asp?Tem_Codigo=4571&Idioma=CA

Ein Artikel von Senior Arrizabalaga zum Übergang des Mittel- zum Jungpaläolithikums im Baskenland

http://www.urgeschichte.uni-tuebingen.de/fileadmin/downloads/GfU/2009/039-070.pdf

Die Kreide Tertiär Grenze und der Strand von Sopelana

http://de.wikipedia.org/wiki/Kreide-Terti%C3%A4r-Grenze

http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6V61-4728XSJ-2Y&_user=10&_coverDate=09%2F30%2F1991&_rdoc=1&_fmt=high&_orig=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_searchStrId=1437010218&_rerunOrigin=google&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=c24212a2bb3dc944f4eb0286277ebb07

Die Fundstelle Irikaitz

http://www.gara.net/paperezkoa/20090814/151809/es/Hallan-restos-Irikaitz-que-indican-uso-fuego-hace-250000-anos

Ekain

http://www.ekainberri.com/

Auch interessant

Hinterlasse ein Kommentar

Wir benutzen Cookies, die uns bei der Bereitstellung unserer Website helfen. Durch die Nutzung der Website erklärst du dich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. OK Mehr Information