Kimchiii! Neanderthal in Korea

von Mareike Holtkamp

Auch ohne das koreanische Äquivalent unseres Foto-Schlachtrufs „Cheeseeee“ hat man auf Dienstreise in Süd-Korea jede Menge Gründe für ein seliges Lächeln. Vor etwa einem halben Jahr kontaktierte uns das Seokjangni-Museum aus Süd-Korea, das eine neue Sonderausstellung zum Thema „Neanderthaler“ geplant hatte. Nachdem unser Museum hierfür ein denkbar geeigneter Partner ist, beschloss man:

Wir stellen Seokjangni den Skelett-Abguss unseres Neanderthalers, Informationen, Beratung und Medien, und dafür fliegt ein unverschämt glücklicher Mitarbeiter zwecks Konferenzbeitrag, Führungen und Vortrag nach Asien. Ein guter Deal, wenn man besagter Mitarbeiter ist. Ungemein lästig, wenn man als Kollege weiterhin im Mettmanner Büro sitzt und am laufenden Band koreanischen Food Porn gewhatsappt kriegt:

Für all jene, deren Geografiekenntnisse ähnlich frisch sind wie die meinen (und besonders für jene, welche alle Teile Asiens mit einem ahnungslos-gleichgültigen „China“ abstempeln): Seokjangni ist die am frühesten wissenschaftlich ergrabene paläolithische Fundstelle Süd-Koreas, liegt etwa in der östlichen Mitte des Landes und somit nahe der 130.000 Einwohner zählenden Stadt Gongju. Die nähere Umgebung hat mehrere UNESCO-Kulturdenkmäler zu bieten, so zum Beispiel die Gongsanseong-Festung oder die königlichen Gräber von Songsan-ri. Seoul, die 10-Millionen-Einwohner-Hauptstadt Südkoreas, liegt gute zwei Stunden Busfahrt nahe der Ostküste in Richtung Norden. Seokjangni und Gongju hingegen sind von bewaldeten Hügeln umgeben und werden von einem Fluss mittig geteilt.

Links: Lage von Seokjangni. Wir reisten über Incheon Airport an und wurden per Bus in die Landesmitte gebracht. Rechts: Gongsanseong-Festung

An Flussufer liegen Fundstelle, Museum und Festivalgelände von Seokjangni. Stadt und Museum arbeiten eng zusammen, um alle zwei Jahre das mehrtägige „World Palaeolithic Festival“ auf die Beine zu stellen, diesmal von . „World“ im Sinne von international – es werden Gäste aus Japan, Frankreich, Marokko und eben auch Deutschland eingeladen. „Palaeolithic“ im Sinne von „ziemlich paläo“ – neben lokalen und internationalen Steinzeit-Koryphäen taucht gerne mal ein zotteliger Walking Act im Leoparden-Janker* auf, um ein allgemeines „Ugha“ zu äußern. Und „Festival“ im Sinne von Party auf einem Gelände mit Größe der Düsseldorfer Altstadt, und zwar mit allem, was bei uns ein Museumsfest, Jahrmarkt, Stadtfest, Fortbildungstag sowie Lichterfest im Kombination bieten würden.

(Man beachte den Pfeil unten links im Plakat)

Die deutschen Kollegen in Aktion, von links oben nach rechts unten: Wulf Hein, Ruth Hecker, Cornelia  Lauxmann. Links unten die koreanischen Walking Acts

In Zusammenarbeit mit unserer Ausstellungsabteilung und Leihgaben aus Berlin haben die koreanischen Kollegen eine gute Einführung zum Thema Neanderthal gestaltet. Bei meinen täglichen Führungen kam belustigenderweise auch immer wieder die Frage, ob denn nicht alle Europäer direkt vom Neanderthaler abstammten? Knapp daneben, wie wir erklären konnten. Übersetzerin „Joyce“ (für Europäer werden gerne englische Ersatznamen angeboten) erklärte desweiteren, dass einer der einführenden Ausstellungstexte freundlicherweise darauf hinwies, Europäer bitte nicht als Neanderthaler zu bezeichnen – sie könnten es als Beleidigung missverstehen 😉 Insbesondere medial war die Sonderausstellung „Neanderthal man“ auf neuestem Level, und begeisterte beispielsweise mit einem berührungssensitiven Media-Wall für die jüngsten Besucher.

Die Sonderausstellung, die tollen Volunteers und unsere Dolmetscherin

Einen Tag vor Festival-Beginn wurde am lokalen Unicampus das Seokjangni Forum, eine Konferenz zum Austausch über erfolgreiche Wissensvermittlung in der paläolithischen Forschung abgehalten. Dort bekam unser Beitrag zur Museumspädagogik und unseren neuen Ausstellungen reichlich Applaus, nicht zuletzt dank der von unserer stellvertretenden Direktorin Dr. Auffermann eingesprochenen koreanischen Begrüßungsworte. Also 안녕하십니까!

Nach Forum, Festival und zahlreichen, traditionell koreanischen Geschäftsessen gab es noch einige Tage in der Hauptstadt Seoul, bevor es zurück nach Deutschland ging. Es war eine unerfreuliche Abreise, denn ein Land, das nebst besonderer Höflichkeit, Gastfreundschaft und absurd hoher Arbeitsmotivation selbst aus Tierfüßen Köstlichkeiten fertigen kann, will  man einfach nicht verlassen.

*Für Marmeladinger siehe http://www.oesterreichisch.net/oesterreich-1482-.html?letter=J

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